Peter Handke
Bis daß der Tag euch scheidet
oder Eine Frage des Lichts

Ein Monolog

Peter Handkes Monolog (UA Salzbg. Festspiele 2009) ist ein „Echo“ auf Becketts „Das letzte Band“ und umkreist, wie Becketts Stück über den einsamen Dichter Krapp, ebenfalls „…. jene Nachtstunde im Boot inmitten des stillen Schilfs unter den schweigenden Sternen“, die Verheißung einer großen Liebe, vor deren Lebendigkeit der Mann aber reißaus nahm und sich in seiner bedeutenden Existenz als Dichter verschanzte, und damit in seiner Kunstverschriebenheit eine ganz und gar unromantische Einsamkeit wählte.

Und obwohl Handke der Frau eine Stimme gibt, und damit die weibliche Sicht auf die Egozentrik der Dichterfigur/ des Künstlers in anklagende, abrechnende Gefühlsbilder packt, spricht sie nicht so sehr von sich selbst, als doch wieder von ihm, den sie umkreist und dessen Nachhall sie lediglich ist.

Zu zweit warst du falsch, klangst du falsch. Nur allein hast du existiert.“

Handkes ungemein poetischer Text ist dabei voll Einsicht über die Schuld der Geschlechter in ihrem Verhältnis zueinander.

Die Inszenierung zeigt beide Figuren – Becketts „Dichter Krapp“ und Handkes „Frau“ – in einer Zwischenwelt, einem Purgatorium, einem Läuterungsort der Seele, isoliert voneinander, aber bezogen aufeinander in ihrem reflektierenden Erinnern.

Den Dichter und Töneforscher Krapp, zu Lebzeiten hilflos eingekerkert in sich selbst und die Frau, die emotional Lebendige, die erst nach dem Tod Worte voll des fröhlichen Zorns für die fehlgeschlagenen Versuche eines erfüllten, gemeinsamen Lebens findet und damit auch eine Veränderung bewirkt.

Ein Stück über gescheiterte Zweisamkeit, wo Innenräume zwar aneinander grenzen, sich letztendlich aber nicht durchdringen. Anklagend, verspielt und von zeitloser Poesie umgesetzt im Zusammenspiel von Sprache, Tanz, Klang und Licht.

Vorstellungen

17., 18., 19., 20. und 21. November 2010, jeweils um 20 Uhr im TTZ, Tanz-und Theaterzentrum Graz

Details zum Stück

Peter Handke
Bis daß der Tag euch scheidet
oder Eine Frage des Lichts

Ein Monolog

Aufführungsrechte

Suhrkamp Verlag

Produktionsleitung

Klaudia Reichenbacher

mit

Klaudia Reichenbacher: Die Frau
Michael Merkbuch: Krapp
Alexander Mitterer: Stimme Prolog und Epilog

Inszenierung, Bühne

Klaudia Reichenbacher

Dramaturgie

Klaudia Reichenbacher und Michael Merkusch

Lichtdesign / Technik

Tom Bergner

Musik und Klänge

Michael Merkusch

Coaching

Alexander Mitterer

Kritiken

„Klatscht in die Hände, tanz den Peter Handke“

Theater Kaendace verehrt Peter Handke die Umsetzung seines Monologs „Bis daß der Tag euch scheidet“
Peter Handkes Monolog ist ein eindrucksvoller Text, in dem der Dichter eine seiner großen Stärken feiert: die bedingungslose Selbstbeobachtung und -entblößung. (…)
Daraus wird nicht weniger als eine umfassende Autorenbeschimpfung, auch wenn es um den Menschen Handke geht. Die beiden lassen sich hier eben nur schwer auseinanderdividieren.
Ein guter Grund „Bis daß der Tag euch scheidet“ in jener zarten Genauigkeit und gänzlich ironiefrei auf die Bühne zu bringen, wie es das Theater Kaendace tut.
Klaudia Reichenbacher spricht und tanzt den Text, der teilweise auch vom Tonband in den Raum getragen wird. Den Mann im Nebenraum der Erinnerung repräsentiert Michael Merkusch, der die poetisch-repetative Musik zur Inszenierung beigesteuert hat. Seine Komposition wird dennoch nicht live dargebracht, sie kommt als Erinnerung und Verinnerlichung des Musikers ebenfalls vom Band. Der Mann bleibt damit immer auf Distanz, seine Musik ist immer da, doch sie spricht nicht direkt, interagiert nicht mit der Frau.

Schlüssig schmiegt sich dieses Konzept an den Text, fast zu schlüssig, denn es macht trotz der Leichtigkeit in Reichenbachers Bewegung die Schwere der Handke-Worte auf allen Ebenen der Umsetzung spürbar. Und es wuchtet die ganze Textgewalt auf die Schultern der Darstellerin, die diese in überlegtes, aber doch nicht überlegenes Spiel faßt. Dabei hätte man sich gewünscht, daß sie des Dichters hehres Wortreich einmal richtig an die Wand spielt.

Hermann Götz, Falter 47/ 10 Seite 51 Nov. 2010

„Nachhall auf eine einsame Liebe

Michael Merkusch als schrullig tiefschürfender Schriftsteller Krapp bleibt in der Produktion vom Theater Kaendace im TTZ zwischen Bananen und Tonbändern ein englisch hauchender Schatten. Denn Peter Handkes (…) „Bis daß der Tag euch scheidet“ ist das posthume Echo auf Samuel Becketts „Das letzte Band“. Das stimmt Klaudia Reichenbacher mit schlichten Tanzfiguren als widerstreitenden Nachhall an, als luftige Liebeserklärung und bodenständige Anklage. Aus der namenlosen Geliebten mausert sich eine Frau mit Konturen, die auf die „heitere Illusionslosigkeit“ vom einsamen Kauz Krapp einen Kontrapunkt mit „fröhlichem Zorn“ setzt und Handkes weiblicher Handschrift selbstbewusste Gestalt verleiht.

Alexander Mitterer als Stimme aus dem Off rundet den nachdenklichen Abend ab.“

Elisabeth Willgruber Spitz, Kleine Zeitung, 19. Nov. 2010

„Lebendige Frauenstatue“ (…)

„Über die Emotionalität von Körperchoreografien schafft es Klaudia Reichenbacher

(als Regisseurin und Darstellerin), dieser Figur dann doch einen ganz eigenständigen Aspekt des Ausdrucks abzuringen. Dieser wiederum geht mit den wunderbaren Klangwelten von Michael Merkusch, der auf der Bühne auch die Rolle des Künstlers einnimmt, durchaus interessante Assoziationen ein.“

Christoph Hartner, Kronen Zeitung, 19. Nov. 2010