Hinter Augen

von Catherine Aigner. Uraufführung.

Eine Koproduktion von Theater Kaendace & Theater(OFF)ensive Salzburg & theaterland steiermark uraufführungsfestival 2.12

Theater Kaendace widmet sich wieder einem brisanten Thema: der Familie. Familie als akuter Brennpunkt unserer Gesellschaft.

Die junge österreichische Autorin Catherine Aigner wurde mit ihrem Text „Hinter Augen“  Siegerin der Langen Nacht der Autorentage 2007 im Thalia Theater Hamburg.
Catherine Aigners „Hinter Augen“ legt seine Finger auf die offenen Wunden unserer wirtschaftlichen und emotionalen Realität am Ende (oder am Höhepunkt?) der neoliberalen Gewinnmaximierungssucht, die nur wenige Gewinner und viele Verlierer hervorgebracht hat.

Wenn nichts mehr hält – die Familie nicht, der Job nicht – dann tickt die Angst hinter Augen.
Eine Familiengeschichte der „Wutbürger“, perspektivlos, kommunikationslos, verzweifelt komisch.

IMG_1075Eine Familiengeschichte unserer Zeit:
Statt Geborgenheit und Austausch von Meinungen und Lebensprozessen, findet zumeist ein widmungsloses Nebenher statt, das aushöhlt, mit dem Resultat sozialer Verwahrlosung (durchaus auch in bildungsnahen Kreisen), Sprachlosigkeit und daraus resultierende Aggression und Gewalt innerhalb und außerhalb der Familie.
Die Unfähigkeit, sich zu artikulieren, miteinander zu reden, erzeugt Kampf, der sich als Frustbewältigung gegen die wirtschaftliche Situation am Ende des Stückes entlädt – eine tickende Zeitbombe…

Im Aufbegehren gegen die sozialen und wirtschaftlichen Zustände als äußeren Feind, kommt es kurzzeitig zu einem Einverständnis der Generationen, das aber mangels sozialer Kompetenz und Lebenskultur sofort wieder brüchig wird.
Der Alte stirbt, zur Erleichterung der Jungen, der Jugendliche geht. Übrig bleibt die mittlere Generation als Verursacher und Leidtragende gleichzeitig, verharrend in einem unbestimmten Warten.

„(…) Klaudia Reichenbacher hat dieses verstörende Bild unserer Gesellschaft eindrucksvoll inszeniert, wobei die Wirkung des starken Textes durch eingeblendete Bilder und Schriftzüge verstärkt wird (Visuals: Herwig Hofmeister).
Der Abend ist keine leichte Kost, doch ist es eine der Aufgaben des Theaters, die Menschen aufzurütteln und zum Nachdenken anzuregen. Gratulation an das gesamte Team.“
 (EPichler, Dorfzeitung, Salzburg, 15. Okt. 2012)

Vorstellungen

Premiere:

Montag, 4. Oktober 2012, 20 Uhr, TheaterOFFensive

Vorstellungen in Salzburg:

11., 13., 15., 24., 26., 28., 31. Oktober 2012, TheaterOFFensive

Vorstellungen in Graz:

7., 10., 11., 14., 15., 16., 17. November 2012, 20 Uhr, TTZ Graz

Details zum Stück

Hinter Augen

von Catherine Aigner. Uraufführung.

Inszenierung, Ausstattung

Klaudia Reichenbacher

Bühne, Kostüme, Produktionsleitung

Klaudia Reichenbacher

mit

Alexander Mitterer: Lextus, der Großvater
Gerda Gratzer: Velena, seine Tochter
Detlef Trippe : Albin, der Lebensabschnittspartner
Alex Linse:  Konrad, der Junge
Klaudia Reichenbacher: Manja, Nachbarin
Daniel Solymar: Ben, ein Freund

Dauer des Stücks

70 Minuten ohne Pause

Klangkulisse

Michael Merkusch

Visuals

Herwig Hofmeister

Lichtdesign, Technik

Tom Bergner

Diese Produktion wird unterstützt durch
TTZ Graz
Theaterland Steiermark
Theater (Off)ensive
Stadt Graz Kultur
Kultur Steiermark
Kritiken

„Verlorene zwischen Wut und Depression“

Graz. Verhaftet in Kriegserinnerungen, befehligt Alexander Mitterer als seniler Alter seine Zinnsoldaten. Herrscht doch auch in der Familie und auf den Straßen Kampfzustand arbeitsloser Aufständischer. Konsequent segnet er auf dem Höhepunkt der Eskalationen in Catherine Aigners „Hinter Augen“ das Zeitliche. Sensibel inszeniert Klaudia Reichenbacher die Produktion von Kaendace und der Theater(Off)ensive Salzburg im TTZ. Eindringlich zeigt sie Verlorenheit und Wunden auf. Ungezügelt lässt Detlef Trippel als Verlierertyp seine Wut an der überforderten Lebensgefährtin (Gerda Gratzer) und derem zukunftslosen Sohn (Alex Linse) aus, mit dem er sich nach gemeinsamer Demo solidarisch verbrüdert.
Eine beachtliche analytische Zeitstudie der jungen Salzburger Dramatikerin zu Gesellschaft, Fernsehen, Gewalt, die mehr Zustrom verdiente.

(Eli Spitz, Kleine Zeitung 9. Nov. 2012)

„Die Krise auf dem Küchentisch“

Das Portrait einer gescheiterten Familie: Frust und Aussichtslosigkeit münden in resignation und Gewalt. Die Autorin Catherine Aigner hat mit „Hinter Augen“ 2007 die Lange Nacht der Autorentage im Thalia Theater in Hamburg für sich entscheiden können.
Die harsche Realität des Lebens verdichtet die österreichische Autorin Catherine Aigner in ihrem Stück „Hinter Augen“ in eine bedrückende Familiengeschichte. (…)
Der Küchentisch einer minderbemittelten Familie ist in „Hinter Augen“ der Mittelpunkt eines Universums in der Krise: der demente Großvater (Alexander Mitterer) spielt dort mit seinen Zinnsoldaten, die Mutter (Gerda Gratzer) überkommt in regelmäßigen Abständen die Depression, ihr Partner (Detlef Trippel) lässt dem Frust nach seiner Kündigung freien Lauf, Sohn Konrad (Alex Linse) entwickelt sich aus Aussichtslosigkeit zum Wutbürger und die alkoholkranke Nachbarin (Klaudia Reichenbacher) philosophiert übers Leben. Die Perspektiven der Familienmitglieder sind ähnlich minimal, wie ihre Fähigkeit zu kommunizieren.
Aigner findet für diese gewaltige Sprachlosigkeit überraschend poetische Worte, lässt Anspielungen an Tenessee Williams und britische Sozialdramen erkennen.
Wirklich modern wirkt dieser Text auch in der Inszenierung von Klaudia Reichenbacher nicht, viel mehr soll die Zeitlosigkeit einer Krisensituation unterstrichen werden, die nicht erst gestern erfunden wurde.
Das Resultat ist ein bedrückender Abend, der teilweise etwas tief in die Poesie der Armut getränkt ist, grundsätzlich aber wichtige Themen auf den Küchentisch bringt.

(Christoph Hartner, Kronen Zeitung 9. Nov. 2012)